Plamena Plachkova-Dzhurova im Interview

Einblick aus der Forschung und der Universität ermöglicht uns unser heutiger Gast: Wir begrüßen Dr.-Ing. Plamena Plachkova-Dzhurova vom Institut für Straßen- und Eisenbahnwesen (ISE) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

infraTest: Frau Plachkova-Dzhurova, war Ihnen schon als junges Mädchen klar, welchen Weg Sie einschlagen würden?

P. Plachkova-Dzhurova: Nein, ganz und gar nicht. Ich wollte unbedingt Militärpilotin werden und hatte mich auch dafür vorbereitet. Wie es der Zufall wollte, wurden in dem Jahr meines Schulabschlusses keine Frauen angenommen, sodass ich mich nach einer Alternative umsah.

infraTest: Ein besonderer Berufswunsch. Ich kann mir vorstellen, dass Ihre Eltern Ihre jetzige Berufswahl mehr begrüßen.

P. Plachkova-Dzhurova: Meine Eltern arbeiten beide im Straßenbau. Mein Vater war lange beim Tiefbauamt beschäftigt und arbeitet jetzt bei einer Baufirma. Meine Mutter hat viele unterschiedliche Einblicke beim Hoch- und Tiefbau und in der Qualitätssicherung gewonnen. Dadurch bin ich mit unserer Branche aufgewachsen. Meine Eltern waren glücklich, als ich meinen Wunsch Pilotin zu werden verwarf. Allerdings lebe ich nun über 2.000 km von ihnen entfernt.

 

infraTest: Welche Station in Ihrem beruflichen Werdegang mochten sie am meisten und welche empfanden Sie am anspruchsvollsten?

P. Plachkova-Dzhurova: Ich stecke in fast allen Stationen noch tief drin. Mein Aufgabengebiet besteht aus vielen Facetten wie der Forschung, Lehre und der Arbeit in der RAP Stra – Prüfstelle. Ich liebe die Vielfältigkeit und empfinde es als Luxus einer ganzheitlichen Tätigkeit nachgehen zu dürfen. All diese Bereiche sind anspruchsvoll und ergänzen sich. Erkenntnisse aus der Praxis lassen sich auf die Forschung und Lehre übertragen und genauso auch umgekehrt.

 

infraTest: Sie kamen als junge Frau nach Deutschland. Hatten Sie das Gefühl, dass es für junge Menschen schwieriger ist in unserer Branche anzukommen?

P. Plachkova-Dzhurova: Während meinem Studium konnte ich durch Praktikas und studentische Tätigkeiten verschiedene Einblicke im Straßenbau, aber viel mehr im Wasser- und konstruktiven Ingenieurbau gewinnen. Nach dem Studium ging es aber erst richtig los. Am Anfang ist es immer schwierig – man ist neu, kommt direkt von der Uni und hat keine Kontakte in der Branche. Es ist wichtig um jede Chance zu kämpfen und schnell zu lernen. Ich fand aber nette KollegINNen, sowohl am Institut als auch außerhalb, die mich unterstützt haben und mit denen die Arbeit Spaß gemacht hat.

 

infraTest: Wie konnten Sie sich den Respekt erarbeiten?

P. Plachkova-Dzhurova: Durch Geduld und Durchhaltevermögen. Respekt und Anerkennung verdient man sich nicht von heute auf morgen. Im Grunde genommen ist es etwas, woran man andauernd arbeiten muss. Wenn man eine fundierte Expertise vorweist, zahlt es sich früher oder später aus. Es gibt viele Wege, die ans Ziel führen. Man muss einfach immer nur weiter machen.

 

infraTest: Sie decken viele Bereiche ab. Dadurch verbringen Sie viel Zeit mit der Arbeit. Bildet sich entsprechend auch der Freundeskreis und das Privatleben nach einer Weile in unserer Branche ab?

P. Plachkova-Dzhurova: Die Arbeit nimmt schon einen zentralen Stellenwert in meinem Leben ein. Ich habe aber auch eine tolle Familie und vor allem einen Partner, der mich sehr unterstützt. Mit der Zeit werden die Freunde in der Branche mehr, aber es gibt natürlich auch andere. Einige meiner privaten Kontakte stammen noch aus einer Zeit bevor mein beruflicher Werdegang begonnen hat. Natürlich sieht man sich nicht mehr so häufig, wir haben uns alle in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Sobald wir uns wiedersehen, können wir da anknüpfen, wo wir aufgehört haben. Ich bin dankbar für solch langfristige Freundschaften.

 

infraTest: Was fasziniert Sie am meisten an Ihrem Beruf?

P. Plachkova-Dzhurova: Der Gedanke etwas zu schaffen, was bleibt. Ich baue zwar direkt keine Straßen, aber alles was ich mache dient dazu sie auf der einen oder anderen Art und Weise langlebiger und besser zu machen. Von meiner Arbeit profitiert am Schluss die gesamte Gesellschaft. Es macht mich stolz, wenn ich über eine Straße fahre, an der ich mitgewirkt habe.

 

infraTest: Wenn Sie drei Wünsche für unsere Branche frei hätten, welche wären es?

P. Plachkova-Dzhurova: Als erstes würde ich mir wünschen, dass unsere Branche mehr Wertschätzung von der Gesellschaft erfährt. Häufig ist gar nicht bekannt, was genau hinter unserer Arbeit steckt. Als zweites wünsche ich mir, dass mehr junge Leute unseren Beruf für sich entdecken und dass sich wiederum mehr von denen auch für die Forschung interessieren. Abschließend fände ich es großartig, wenn sich noch mehr Frauen trauen und ihre Ausbildung und ihr Studium in unserer Branche absolvieren.

 

infraTest: Was wünschen Sie jungen Frauen, die jetzt in unsere Branche einsteigen und welchen Rat würden Sie ihnen mit auf den Weg geben?

P. Plachkova-Dzhurova: Unsere Aufgabenfelder sind vielseitig und abwechslungsreich. Habt Selbstvertrauen und arbeitet unermüdlich an euren Fähigkeiten. Behaltet das Ziel vor Augen und lasst euch nicht von Rückschlägen runterziehen.

infraTest: Vielen Dank für das spannende Gespräch. Sie leisten großartige Arbeit an Ihrer Universität. Wir sind sicher, dass auch Ihre Studenten/innen sehr zufrieden mit Ihnen sind.